Tägliches Leben in Down Under
Wie ich vielleicht schon ein um das andere Mal erwähnt habe, dreht sich in Down Under alles verkehrt herum. Nicht nur die Uhr ist zeitversetzt (denn wenn man in Deutschland zu Bett geht, steht es sich bei uns erst richtig gut auf), sondern auch die Sonne dreht sich nach Norden, der Mond verliert auf dem Kopf stehend seine Sichel und...
...die Toyotas und Holdens fahren seitentechnisch down under. Rechts geht hier vor Linksverkehr, das Beer o'clock wird geschluckt (kein Wunder bei dem Alkoholgehalt) statt genossen und die Cheerios Cornflakespackungen enthalten Spiele CDs wie vor hundert Jahren. Nicht wundern darf man sich hier über Nudelwurstgerichte mit eigenartigen Namen und die Busse fahren nie pünktlich.
So dreht sich auch das Leben hier etwas anders herum: Erstmal wird gelebt und dann gearbeitet. So kommt man auf dem täglichen Arbeitsweg durch die Roma Parklands an herrlichen Flüssen vorbei, letztens begegnete mir auf dem Wege gar ein Meter langer Leguan, sagenhafte Tierwelt, gerade dort gab dann leider meine Kamera auf, denn die Wildflussfahrten auf dem Noosa überlebte sie nicht mehr - gut dass wenigstens ich es überlebt habe.
So bin ich nun tatsächlich ziemlich glücklich umgezogen zu sein, denn es ermöglicht mir den täglichen 15 Minuten kurzen Weg durch die Roma Parklands. Das gibt einem einen morgendlichen Schub in den Tag und ist gleichzeitig eine Verbesserung zu den tatsächlich 30 minütigen Berg- und Talfahrten durch Kelvin Grove, auf dessen Anstiegen ich bisher täglich geschätzt um die 100 Höhenmeter überwunden habe. Innenstadtnah komme ich jeden Morgen am Boulevard vorbei und kaufe mir auf dem Rückweg noch die allernötigstens Sachen für die Mahlzeit am Abend, bei der ich mangels deutschem Vollkornbrot (eines der unklaren Verfehlungen Australiens - Überlebenstraining - wie kommt man ohne Mischbrot aus) auch mal auf warme Nudeln umsteige.
Über Postkarten - eine davon ist über viele Umwege aus Deutschland über mehrere ehemalige Mitbewohner und einen unmotivierten Briefträger endlich zu mir gekommen - freue ich mich natürlich immer ganz besonders, danke! Gespannt bin ich schon, euch alle wiederzusehen, ob man sich wiedererkennt?
Hier ist es aber nun nötig, die Adressänderung von mir bekannt zu machen. Ich bin umgezogen - mit Sack und Tüten - und konnte nun endlich voll auspacken. Ein breites Doppelbett mit englischem Einschlüpfbezug und extrabreitem, warmem Pakettboden, sowie einem doppelten, in das Zimmer eingelassenem Schiebeschrank - wie in Bonanza oder jeglichem anderen Film mit großem Landhaus - machte mir das Auspacken besonders leicht. Von meiner Vermieterin, Cally Lyons, eine schrullige alte Dame mit interessanten Anekdoten (wer hätte schon gedacht, dass man ein Monopol mit gutem Service aufbauen kann - Geschäftstaktiken einer Rentnerin), half mir beim Umzug und versicherte mir bei der Heimfahrt, dass sie mein Haus auch beinahe gekauft hätte, wenn der Rental Agent ihr nicht dazwischen gekommen wäre.
Aber ich sage euch: Es hat sich gelohnt. Die besten Mitbewohner, die sich gerne mal zum Abend mit einem Bier zum Arbeitstagsausklang überreden lassen: zwei Franzosen mit gleichem Namen Sylva, ständig mit altbekannter Mano Negra Terassenmusik in der Hängematte anzutreffen, ein netter, in der Bottle Fabrique die Geschäftsvorgänge mit Automatisierungstechnik ausstattender Ire und eine viel reisende Australierin sind wohl immer gut gelaunt.
Ein paar Bilder meines gemütlichen Sharehouses - übrigens ohne Fernseher - wie erholsam, dafür mit jeglichem anderem Komfort wie Hängematte, warmem Wasser und heißen Mitbewohnern sowie Hausnachbarn - einen Musicians&Arts Studenten von der QUT in unserem Viertel habe ich vorgestern von der Straße auf ein Bier eingeladen, um dann einen gemütlichen Abend vor dem - bei heißen Temperaturen natürlich nicht beheiztem - Kamin und wirklich aufregenden Gitarrenriffs zu verbringen. Denn es wird Sommer hier in Brisbane und wir sind mittlerweile bei fast schon morgendlich schweißeinbringenden Fahrradfahrten von 25 Grad.
So hört man sich hoffentlich bald wieder. Demnächst berichte ich für euch von einer alten australischen Sitte, genannt Oktoberfest, die jährlich wiederkommend noch Wochen vor dem Oktober gefeiert wird und morgen von uns besucht wird. Damit Cheers, alles Gute in die Ferne.